Metadaten mit LensTagger ergänzen

"Unbekannte" Objektive: Wie ergänze ich die Metadaten?

Kamerasteuerung mit ControlMyCamera V1.0.1. Screenshot und Foto: Bonnescape

Digitale Systemkameras setzen den kreativen Höhenflügen kaum noch Grenzen. Auf der Suche nach dem besonderen Bildeffekt kann man buchstäblich mit jedem Flaschenboden fotografieren. Oder man schraubt den edlen, vollmechanischen Objektivklassiker von Anno Dunnemals vor die Öffnung. Man kann sogar ganz auf ein Objektiv verzichten und macht die Digitale mit einem durchbohrten Gehäusedeckel zur Lochkamera. Alles ist möglich...

Das Einzige, was nicht geht, ist, den digitalen Bilddaten automatisiert die Information mitzugeben, mit was für einer Scherbe (oder einem Loch) das Bild aufgenommen wurde. Grund dafür ist die fehlende CPU, und solch ein elektronisches Bauteil ist bei Altglas, mechanischen Objektiven und Löchern in Plastikdeckeln eher selten zu finden.

Zeiss Biogon T* ZM 2,0/35 mm, Weitwinkel-Objektive für LEICA M, Foto: Klaus Schörner

Nehmen wir mal eines meiner Lieblingsobjektive, das 2,0/35 mm ZEISS Biogon ZM. Das Biogon wurde für die analoge ZEISS ZM entwickelt und passt ganz nebenbei natürlich auch auf alle LEICA M's. Ergo: Kein Fitzel Elektronik. Ich verwende es an der M9, mit Adapterring an der SONY Alpha 7 s II und, seit ich die NIKON Z7 habe, auch an dieser. Keine der drei Kameras liefert mit dem Biogon die volle Funktionsbandbreite, aber mit allen produziert das ZEISS-Objektiv knackscharfe Bilder, und das ist für mich Grund genug, es gerne zu verwenden.


Die LEICA M9 macht mit dem Biogon tolle Bilder, will es aber nicht kennen, weil es keine Kodierung hat. Ich schreibe hier absichtlich nicht CPU, denn bei LEICA läuft das eh anders. (Mehr dazu siehe im Beitrag "Hassliebe"). Wie auch immer, über das Kameramenü könnte ich ihm die Kennung eines LEICA-Pendants zuweisen. Dann meint die M9, das Biogon wäre ein Summicron und hellt gleich auch noch die Bildecken auf. Was manchmal des Guten zu viel ist, weil das Biogon gar nicht so viel Vignettierung produziert. (Zum Vergleich von Summicron und Biogon siehe HIER.) Die Bilder, die ich mit diesem 35er mache, haben also in den Metadaten entweder eine Lücke oder eine falsche Info. Immerhin sind die Daten zur verwendeten Blende dabei, wenn auch nicht immer ganz präzise.


SONY Alpha 7s2 und ZEISS Biogon-M 2,0/35 mm sowie NOVOFLEX NEX/LEM-Adapter. Foto: Klaus Schoerner

Die SONY Alpha 7s II, an der ich das Biogon mit NOVOFLEX Nex/Lem-Adapter verwende, merkt gar nicht, dass überhaupt ein Objektiv dran ist (Erfahrungsbericht siehe HIER) und macht zunächst mal nichts. So lange, bis ich ihr per Menüeingabe mitteile, dass da doch was angeflanscht ist. Dann klassifiziert sie das Biogon als "unidentified" und man kann damit arbeiten, wenn auch mit eingeschränktem Funktionsspektrum. In den Metadaten landet jedenfalls am Ende keinerlei Info zur verwendeten Linse. Woher auch?


ZEISS Biogon ZM 35 mm 1: 2,0 Objektiv an der NIKON Z7 Z6, Ocamo-Adapterring. Foto: Klaus Schörner

Die NIKON Z7 fotografiert mit allem, was man vorn dransetzt. Auch mit dem Biogon per OCAMO-Adapter L/M-Nik Z. (Erfahrungsbericht siehe HIER). Teile ich der Kamera im Menü mit, welche Brennweite und Lichtstärke angeschraubt ist, arbeitet auch die Bildstabilisierung mit. Da die Kamera ja nun zumindest den Objektivtyp kennt, könnte sie diese Info an die Metadaten weitergeben. Tut sie aber nicht. Übrigens auch nicht an ein Blitzgerät. Aber das ist eine andere Geschichte.


Komplettieren von Metadaten:  Nur was für Datenverliebte?

Nun stellt sich die Frage, wozu man überhaupt Objektivinfos in den Metadaten braucht. Welches Objektiv damals im Einsatz war und mit welcher Blende wir seinerzeit fotografiert haben, wissen wir bei unseren analogen Fotos schließlich auch nicht mehr. Und – ich muss es zugeben – ich gehörte nie zu den Fotografen, die sich das auf den Diarähmchen notiert haben.

Tatsächlich ist es für die digitale Weiterverarbeitung ganz praktisch, wenn diese Angaben integriert sind. Natürlich hält die Bildbearbeitungssoftware für, sagen wir mal, "ungewöhnliche" Objektive keine Korrekturprofile bereit, aber für Archivierungs- und Such-Aufgaben sind diese Informationen hilfreich. So kann ich mir in Lightroom per Klick alle Bilder anzeigen lassen, die mit einer bestimmten Linse aufgenommen wurden. Falls ich zum Beispiel die optischen Eigenschaften bei unterschiedlichen Bildsituationen prüfen und mit denen anderer Objektive vergleichen möchte. Macht nicht jeder Fotograf. Ich aber schon. Vor allem, weil ich meinen Fotogeräten nur dann maximale Leistung entlocken kann, wenn ich ihre Stärken und Schwächen kenne. 

Interessant ist das auch bei gescannten Bildern. Da steht dann nur der Scanner in den Metadaten, an den ich mich auch so erinnere, da ich nur einen habe. Aktuell arbeite ich aber zum Beispiel an einem Projekt, bei dem ich Fotolocations, die ich Mitte der 1980er Jahre mit der Großformatkamera fotografiert habe, erneut aufsuche. Ziel ist es, die exakten Blickwinkel von damals nochmal zu fotografieren und mit den damaligen Bildern zu vergleichen. Die Planfilme von damals sind längst digitalisiert. Die Vorbereitung jeder einzelnen Aufnahme wäre heute einfacher, wenn ich Aufzeichnungen darüber hätte, mit welcher Brennweite und welcher Zeit/Blende-Kombination ich das damalige Bild gemacht habe.

Nachtaufnahme, NIKON Z7 mit ZEISS Biogon ZM 2,0/35 mm via OCAMO-Adapter. Foto: Dr. Klaus Schörner

Oben: Nachtaufnahme mit NIKON Z7 und dem rein mechanischen ZEISS Biogon ZM 2,0/35 mm via OCAMO-Adapter.

Unten: Screenshot, Ausschnitt aus der Anzeige der EXIF-Daten in Lightroom. Nur die von der Kamera gelieferten Daten Belichtungszeit, ISO und Modellkennung sind vorhanden. 

Unvollständige Anzeige EXIF-Daten wegen fehlender CPU des Objektivs. Screenshot: bonnescape

Und so funktioniert es:

Leider erlauben weder Photoshop noch Lightroom eine Ergänzung der aufnahmetechnischen Daten eines Bildes. Daher verwende ich für diesen Zweck ein kleines Zusatzprogramm namens LENSTAGGER. Dieses Plug-in für Lightroom kann auf der gleichnamigen Webseite www.lenstagger.com gegen eine freiwillige Spende heruntergeladen werden, wird nach Anleitung installiert und funktioniert sowohl auf Mac- als auch auf Windows-Ebene. 

Das Funktionsprinzip ist so, dass man in der Bibliotheksansicht von Lightroom bei einem oder mehreren ausgewählten Bildern die Metadaten zunächst in eine XMP-Datei exportiert, diese dann über die Eingabemaske des Plug-in ergänzt und anschließend wieder in Lightroom re-importiert. Dazu klicke ich mit der rechten Maustaste auf eines der ausgewählten Bilder und öffne die Funktion Metadaten / Metadaten in Dateien speichern. (Shortcut STRG/Befehl S). Danach starte ich das Plug-in mit Klick auf die Nav-Leiste Bibliothek / Zusatzmoduloptionen / Lenstagger.

In der englischsprachigen Eingabemaske von LENSTAGGER können nun die gewünschten Ergänzungen vorgenommen werden. Bei Lens Name (1) gebe ich die Objektivbezeichnung ein. Diese kann ich mit einem beliebigem Namen (8) als Preset abspeichern (9) und später erneut laden, so dass die Formulierung für Suchaufgaben in Lightroom immer gleich ist. Max. Aperture (3) meint die Lichtstärke des Objektivs, bei F-Stop (5) kann ich den Blendenwert angeben, mit dem die Aufnahme erstellt wurde. Exposure Time gebe ich nur bei gescannten Bildern ein, falls ich sie noch weiß. Wurden die Bilder digital aufgenommen, wird die Angabe der Belichtungszeit in der Regel von der Kamera geliefert und die will ich dann natürlich nicht überschreiben. Generell gilt, dass jede Eingabe, die ich in einem Feld vornehme, auf alle ausgewählten Bilder angewendet wird und gegebenenfalls bereits vorhandene Angaben überschreibt. Felder, die ich leer lasse, bedeuten also nicht unbedingt, dass diese Felder in den Metadaten leer bleiben. Sie bedeuten lediglich, dass bestehende Angaben nicht geändert werden. Auf einer zweiten Seite bietet LENSTAGGER zusätzliche Eingabemöglichkeiten für gescannte analoge Bilder wie Angaben zu Film, Entwicklung usw.

Eingabemaske LensTagger beim Komplettieren der Metadaten. Screenshot: bonnescape

Oben: Screenshot, LENSTAGGER-Eingabemaske und rechts das Ergebnis in den Metadaten. Die Nummerierung in rot bezieht sich auf die Erläuterungen im Text und markiert rechts den zugehörigen Eintrag in den Metadaten.

Mit einem Haken in der Checkbox Read Files from Filelist bestätige ich dem Plug-in, dass es um die zu den markierten Bildern abgespeicherten XMP-Dateien geht. Zu einer Listenansicht gelange ich mit dem Button Show Filelist (7). Mit Klick auf den Button Update Command (12) werden die eingegebenen Daten in eine Befehlszeile umgewandelt, die in dem Textfeld unten (11) angezeigt wird. Für den nächsten Schritt muss der Haken in Edit (10) gegebenenfalls entfernt werden. Run Command (12) startet nun die Ausführung. Je nach Anzahl der Bilder kann die Verarbeitung bis zur Bestätigung Command Successful eine Weile dauern. Die Funktion Metadaten / Metadaten aus Dateien lesen zum Re-Importieren der ergänzten Metadaten in Lightroom muss ich gar nicht aufrufen. Nach Abschluss der Verrechnung öffnet sich automatisch ein entsprechendes Fenster, das ich mit einem Klick bestätige. Der Import läuft sekundenschnell. Damit ist der Vorgang abgeschlossen und die aktualisierten Metadaten werden in Lightroom angezeigt.

Copyright 2020 by Klaus Schörner / www.bonnescape.de


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Kommentare: 4
  • #1

    Steffi (Samstag, 25 Januar 2020 14:42)

    Wusste gar nicht, dass das geht. Das hilft echt. Danke!

  • #2

    Klaus (admin) (Sonntag, 26 Januar 2020 11:37)

    @ Steffi: Das freut mich. Viel Erfolg damit!
    LG, Klaus

  • #3

    Bildermacher-Schweiz (Mittwoch, 07 April 2021 13:50)

    Danke für den Ausführlichen Beschrieb.

    Wolfgang

  • #4

    Luca (Freitag, 18 März 2022)

    Vielen Dank für die Schilderung des Prozedere! Hat bei mir jetzt auch auf Anhieb geklappt.