Interieurfotografie: Die "Yacht" im Küchenstudio
Ein exklusives Möbelhaus voller Designermöbel. Die rundumlaufende, verglaste Galerie vermittelt einen Panorama-Blick auf die hauseigene Tischlerei im Zentrum des Gebäudes. Unterschiedliches Interieur, variierende Mischlichtbedingungen aus Kunstlicht, diffusem Tageslicht und direkter Sonneneinstrahlung. Jede Kameraeinstellung bringt reizvolle Blickwinkel – und neue Herausforderungen an die Lichtsetzung und Kontrastbewältigung.
Vollgepackt mit modernster Küchentechnik dominiert der strahlend weiße Küchenblock aus mineralischem Corian® als faszinierender Blickfang seine Umgebung. Die asymmetrische Formgebung erinnert an einen Eisberg oder an eine Hochsee-Yacht. Der matt schimmernde Werkstoff reflektiert das Umgebungslicht so intensiv, als wäre der Monolith selbst die Lichtquelle.
Die beleuchteten Vitrinenwandschränke im Hintergrund verbreiten warmes Licht. Was bei den rückwärtigen Aufnahmen zusammen mit dem Tageslicht und den roten Pendelleuchten für ein reizvolles Mischlicht sorgt, erweist sich an der den Schränken zugewandten Vorderseite des Küchenblocks als fotografisches Problem. Das Vitrinenlicht, das sich zunächst nicht separat schalten lässt, zaubert vertikale Lichtstreifen auf die weiße Oberfläche. Die NIKON Systemblitzgeräte mit Durchblitzschirm erweisen sich als zu schwach und die Fernsteuerung mit der SU800 Steuerung zu unsicher. Entweder ist die Entfernung von rund 12 m zu groß, oder der Durchblitzschirm ist im Weg, so dass das Infrarotsignal die Empfänger nicht erreicht. Ein mobiler, ferngesteuerter HENSEL Blitzkopf mit 70er Softbox aus Richtung des nur schwach einfallenden Tageslichts bringt die Lösung. Mit Leichtigkeit überblitzt er die unerwünschten Reflexe und hebt zudem mit seinem weichen Gegenlicht die Glattheit der Corian®-Oberfläche, die passgenaue Verarbeitung und die edlen Armaturen und Bedienelemente hervor. Zwei weitere Blitzköpfe geben von vorn und von der Seite dezent Aufhelllicht in die Szenerie.
Standortwechsel: Das Vorführ-Apartment präsentiert sich auf kleinstem Raum und beinhaltet mit Küchenzeile, Bad, Sitzgruppe und Ess-/Arbeitstisch doch alles, was einen Single-Haushalt komfortabel macht. Clever durchdachte Raumsparlösungen geben scheinbar alltäglichem Mobiliar überraschende Multifunktionalität. Sorgfältig inszenierte Design-Objekte und Accessoires runden das Ambiente ab. Die großflächigen Industriegebäudefenster, der Ausblick auf das benachbarte Gewerbegebiet und das von Draußen einfallende, diesige Tageslicht stören etwas den Eindruck eines bewohnten Apartments. Daher entscheiden wir uns für eine Abdunkelung mit dem vorhandenen Vorhang. Die Herausforderung liegt darin, auf engem Raum mit Stativ, Leiter und Blitzanlage zu agieren und die Ausstellungsbeleuchtung dezent zu ergänzen, so dass zusammen mit den integrierten Stand- und Tischleuchten der realistische Eindruck eines gemütlichen Wohnraums entsteht.
Auftraggeber: ZON EICHEN
Fotografie: Dr. SCHÖRNER – büro für architekturfotografie
Aufnahmetechnik: NIKON Z7 und NIKON D4 mit Shift/Tilt 3,5/24 mm PC-E und AF-S 2,8/14-24 mm
Lichttechnik: 3x HENSEL Studioblitz á 500 WS
Fotos veröffentlicht: CUBE-Magazin,
Ausg. Köln/Bonn 01/20 p.58 (Küchenblock)
CUBE-Magazin, Ausg. Köln/Bonn 03/20 p.36-37
(Apartment)
Text: © Klaus Schörner / www.bonnescape.de
Fotos: © ZON EICHEN & Dr. SCHÖRNER – büro für architekturfotografie
Abbildung der Magazin-Seiten mit freundl. Genehmigung der
CUBE-Verlagsleitung
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Dierk (Montag, 21 Juni 2021 23:18)
perfekte Bilder, Klaus!
Das 24mm zeigt an den Seiten keine für mich erkennbaren Verzeichnungen (spitze Winkel)
Mich überrascht, dass du viel mit f/22 aufgenommen hast, wo doch bei der Blende die Beugung schon ganz heftig wird?
Mit den teilweise langen Belichtungszeiten hast du das vorhandene Licht mit eingezogen, kann ich mir mit den Farben recht schwierig vorstellen
VG Dierk
Klaus (admin) (Dienstag, 22 Juni 2021 10:00)
Danke, Dierk :-)
Das 24 mm PC-E ist tatsächlich recht gut auskorrigiert. Da ist lediglich ein wenig tonnenförmige Verzeichnung, die bei parallel zum Bildrand verlaufenden Kanten mitunter sichtbar wird und sich leicht in der Nachbearbeitung beheben lässt. Außerdem passe ich bei der Bildgestaltung auf, dass verzeichnungsempfindliche Bereiche nicht zu nah an die Bildecken kommen.
Ich habe bei diesem Objektiv die Erfahrung gemacht, dass ich, wenn ich maximale Tiefenschärfe brauche, schon mal bis Blende 22 gehen kann. Der Hintergrund ist, dass Beugungsunschärfe im Gegenteil zu mangelnder Tiefenschärfe gleichmäßig auftritt und somit in der Postproduktion durch etwas mehr Nachschärfung gut ausgeglichen werden kann.
MarkusZ (Dienstag, 22 Juni 2021 11:35)
Bei den Shift-Objektiven ist das anders. Die sind nicht so auf Offenblende getrimmt. Ich habe das Leica R PC Super-Angulon 28mm. Da wird vom Hersteller sogar empfohlen, mit Blende 22 zu fotografieren.
Klaus (admin) (Donnerstag, 24 Juni 2021 09:59)
@Markus: Das kann ich bestätigen. Über dieses Objektiv habe ich ja schon früher hier im Blog berichtet.