Fotografieren mit klassischen HELIAR-Objektiven – Teil 1
Ich habe meinen Objektivbestand für das analoge Großformat um zwei klassische HELIARE erweitert. Es reizt mich, mal zu vergleichen, wie sich die legendären Klassiker in ihrer Bildwirkung von moderneren Objektiven unterscheiden. Aber zunächst ist etwas Arbeit in die Instandsetzung und Reinigung der alten Schätzchen zu investieren.
1) Ein wenig Historie
Beim klassischen HELIAR (von altgriech. Helios = Sonne) sprechen wir von einem fünflinsigen Objektivtyp aus dem Hause VOIGTLÄNDER, dessen Geschichte bis in das Jahr 1900 zurückreicht. Vorlage der Objektivrechnung war ein Dreilinser, das sogenannte Cooke-Triplett, dessen äußere Linsen man beim HELIAR durch Linsendoubletten ersetzte. Erhältlich waren die HELIARE mit Lichtstärken von 1:3.5 und 1:4.5 sowie Brennweiten von 7,5 bis 60 cm für unterschiedliche Rollfilm- und Platten-Aufnahmeformate. Wegen ihrer bei Offenblende weichen Abbildungscharakteristik, dem sogenannten "HELIAR-Look", sollen sie besonders gern von Landschafts- und Portrait-Fotografen eingesetzt worden sein. VOIGTLÄNDER selbst attestierte seinen HELIAREN in zeitgenössischen Prospekten allerdings vor allem eine "brillante, scharfe, reflexfreie Zeichnung". Eine langbrennweitige Variante (30 - 48 cm), das sogenannte UNIVERSAL-HELIAR, beinhaltet zusätzlich einen stufenlos einstellbaren Weichzeichnungseffekt. Zu ihrer Zeit gehörten die HELIAR-Klassiker zur Top-Line von VOIGTLÄNDER und wurden in entsprechenden Kameras verbaut. Erschwinglichere Kameravarianten waren dagegen mit weniger lichtstarken Drei- und Vierlinsern ausgestattet. Wirtschaftlich waren die HELIARE offenbar erfolgreich, denn die Produktion lief erst 1972 aus. Angesichts eines sich stark verändernden Marktes geriet das Unternehmen VOIGTLÄNDER zu dieser Zeit in unruhiges Fahrwasser.
Quellen: antiquecameras.net/heliarlenses.html, www.arnecroell.com/voigtlaender.pdf,
Kadlubek's Camera Catalogue, 4.Aufl., Neuss 2000, pp.625-639, Kadlubek's Lens Catalogue, 1. Aufl., Neuss 2000, pp.158-162).
Oben: Das 1:4.5/21cm HELIAR in der Nachkriegsversion mit bläulich schimmernder Vergütung in einem COMPOUND III mit pipolarem Synchroanschluss für Blitzgeräte (links). Daneben das unvergütete 1:4.5/15cm HELIAR aus der Vorkriegszeit in einem zeitgenössischen COMPUR II.
Nach einigen Jahrzehnten mit mehrfach wechselnden Besitzverhältnissen vertreibt das Unternehmen VOIGTLÄNDER heutzutage wieder Objektive mit dem Namen HELIAR, die für Kleinbild- und Digitalkameras mit M- und E-Anschlüssen konstruiert sind. Diese Objektive werden im japanischen COSINA-Werk hergestellt und erfüllen hohe Qualitätsansprüche, haben aber mit den HELIAR-Klassikern von damals nur wenig gemein. Wer sich für die neuen HELIARE von VOIGTLÄNDER interessiert, findet hier den Testbericht zum HELIAR 3.5/50 mm VM. Nun aber zurück zu unseren Klassikern:
2) Vorstellung der beiden HELIARE
Bei den HELIAR-Klassikern unterscheidet man zwischen "Barrel"-Objektiven und Varianten mit Zwischenlinsenverschluss. Ein Exemplar aus der ersten Gruppe hat üblicherweise eine integrierte Blende, aber keinen Verschluss, so dass man für exakte Belichtungszeiten einen separaten Hinterlinsenverschluss benötigt. Bei der zweiten Gruppe sind die Objektive jeweils im Verbund mit einem Zwischenlinsenverschluss, der auch über eine integrierte Blende verfügt.
Meine beiden HELIARE gehören zur zweiten Gruppe. Das 1:4.5/15 cm befindet sich in einem zeitgenössischen COMPUR-Verschluss mit Einstellrad für Verschlusszeiten von 1/1 bis 1/200 Sekunde. 13 Lamellen sorgen für eine kreisrunde Blendenöffnung. Der Verschluss ist mit einem VOIGTLÄNDER Branding versehen. Aufgrund seiner Serien-Nr. 399xxx lässt sich das 15er HELIAR auf das Produktionsjahr 1928 datieren.* Mit einem Bildkreis** von 166 mm eignet es sich als Normalbrennweite mit geringen Verstellreserven für das Aufnahmeformat 4x5".
Oben: Das HELIAR 1:4.5/15 cm aus dem Jahr 1928 in einem COMPUR II mit Verschlusszeitenrad.
* Serien-Nrn. gemäß camera-wiki.org/wiki/Voigtländer_serial_numbers
** Bildkreise gemäß www.arnecroell.com/voigtlaender.pdf
Das zweite HELIAR ist ein 1:4.5/21 cm mit der Serien-Nr. 3161xxx und stammt aus dem Jahr 1947.* Es hat bereits die einfache, bläulich schimmernde Vergütung der Nachkriegs-HELIARE. Wie fast alle längeren HELIAR-Brennweiten ab 21 cm steckt es in einem COMPOUND-Verschluss. Dieser bietet Verschlusszeiten von 1/1 bis 1/100 Sekunde und dank seiner 15 Lamellen ebenfalls einen kreisrunden Blendenausschnitt. Sein Bildkreis von 233 mm qualifiziert das 21er als Normalbrennweite für das Aufnahmeformat 13x18 cm. An einer 4x5"-Kamera kann man es wie ein kurzbrennweitiges Teleobjektiv (analog zu 70 mm Kleinbild) verwenden.
Oben: Das HELIAR 1:4.5/21 cm aus dem Jahr 1947 im COMPOUND-Verschluss mit dem Logo der FRIEDRICH DECKEL GmbH, einem der bekanntesten deutschen Hersteller von Kameraverschlüssen.
3) Instandsetzung des HELIAR 1:4.5/15 cm
Zustandsbeschreibung
Das Objektiv hat feine Kratzer auf den äußeren Glasflächen sowie Staub und Schlieren zwischen den Linsen. Der COMPUR ist prinzipiell intakt mit sauberen Lamellen, aber die langen Zeiten laufen nicht richtig ab. Außerdem sind der Blendenring und die Einstellrädchen für Verschlusszeit und Betriebsart schwergängig. Ursache ist meist eine Verharzung alter Schmiermittel. Ein Flansch- oder Konterring für eine Befestigung des Objektivs auf einer Objektivplatte ist nicht vorhanden.
Als Fotograf und Sammler alter Kameras habe ich mir im Laufe der Jahre ein paar Handgriffe zur Wartung meiner Geräte angeeignet. Die Fehlerbeschreibung im Fall meines HELIAR deutet darauf hin, dass ich einige der Probleme selbst beheben kann. So habe ich mit der nachfolgend geschilderten Vorgehensweise schon oft Objektive und Verschlüsse mit kleineren Defekten wieder einsatzfähig machen können. Das ist nicht besonders schwierig, ich bitte das aber dennoch nicht als Aufforderung zum Nachmachen zu verstehen. Bitte führt solche Wartungsarbeiten nur dann durch, wenn ihr das richtige Werkzeug dafür habt und euch sicher seid, dass eure handwerklichen Fähigkeiten dafür ausreichen. Und selbstverständlich kann diese einfache Defektbehebung keine Überholung durch eine Fachwerkstatt ersetzen.
Oben: Der Blick durch die verschmutzten Linsen zeigt Handlungsbedarf.
Oben: Der Verschluss des 15er HELIAR hat ein M44-0.9 Gewinde für die Montage auf der Objektivplatte.
Ausbau und Reinigung der Linsen
Die beiden Baugruppen des HELIAR sind von vorn und von hinten in das Verschlussgehäuse eingeschraubt und können gegen den Uhrzeigersinn herausgedreht werden. Den vorderen Teil kann man von Hand lösen (oberes Bild), für die hintere Baugruppe benötigt man einen Objektivschlüssel des Typs COPAL No. 0 (mittleres Bild). Andernfalls besteht Gefahr, dass man beim Hantieren mit ungeeignetem Werkzeug abrutscht und die Rücklinse beschädigt. Die mittlere Linse ist beim 15er Vorkriegs-HELIAR von innen in die vordere Baugruppe eingeschraubt. Mit dem geriffelten Rand lässt sie sich ohne Werkzeug gegen den Uhrzeigersinn herausdrehen (unteres Bild). Darunter wird ein dünner Sperrring sichtbar, der die vordere Linsendoublette in der Fassung hält. Da die beiden Linsen miteinander verkittet sind und kein Schaden zu sehen ist, bringt mir ein Herausschrauben beim Reinigen keinen Vorteil. Also verzichte ich darauf. Alle freigelegten Linsenflächen säubere ich nun behutsam mit feuchten Brillentüchern, Optikleder und Blasebalgpinsel. Sollten sich innerhalb der verkitteten Doubletten erhebliche Trübungen oder Newton-Ring-ähnliche Separationen befinden, müsste das Objektiv zum Fachmann. Im Fall meines HELIAR ist das Ergebnis aber bereits gut. So ganz frei von Staub bekommt man ein altes Objektiv unter normalen Bedingungen sowieso nicht. In geringen Mengen bleibt das aber später ohne sichtbare Auswirkungen auf die Bilder.
Öffnen des COMPUR
Vor dem Öffnen des Gehäuses wähle ich die Betriebsart "M" und die Verschlusszeit "1 Sekunde" und stelle sicher, dass der Verschluss entspannt ist. Zum Öffnen müssen sechs Schrauben gelöst werden. Die Schraube im Zentrum des Spannhebels kann drin bleiben, da sich der Hebel um sie herum dreht. Die Schraube in der Mitte des Wählrades für die Betriebsart Z/D/M kann ebenfalls bleiben, da das Gegengewinde nur mit der Abdeckung verbunden ist. Das kann ich bei Bedarf später immer noch abschrauben, um die einzelnen Teile reinigen und schmieren zu können. Die Schrauben haben zum Teil winzige Unterschiede und dürfen beim späteren Zusammenbauen nicht verwechselt werden. Bei dem Einstellrad für die Verschlusszeiten und dem für die Betriebsart befindet sich unter der zentralen Befestigungsschraube jeweils ein kleiner gewellter Distanzring, der meist kaum sichtbar erstmal in der Vertiefung stecken bleibt und später herausfallen kann. Ich warne ausdrücklich davor, diese Federscheibchen zu verlieren. Ausführungen in dieser winzigen Größe sind kaum zu bekommen, und wenn, dann haben sie nicht die passende Federkraft. Diese ist aber nötig, damit die Rädchen richtig funktionieren und das Einstellen nicht zu leicht- oder zu schwergängig wird. Ich selbst habe mal mehrere Wochen lang vergeblich im Feinmechanik-Handel und bei diversen Kamerawerkstätten nach so einer Scheibe gesucht, bis ich schließlich einen Schrottverschluss erhielt, den ich ausschlachten konnte. Es lohnt sich also, organisiert zu arbeiten, damit nichts vom Tisch rollt oder durcheinander gerät. Beim Abnehmen des Verschlusszeitenrades ist generell Konzentration angesagt. Es besteht aus vier speziell geformten Scheiben, die später in der exakt gleichen Ausrichtung wieder zusammengesetzt werden müssen. Das ist deswegen wichtig, weil die Scheibe M (siehe Teileübersicht unten) je nach ihrer Ausrichtung den Dorn Z mehr oder weniger weit nach links drückt und damit die Verschlusszeit festlegt. Nachdem ich alle Schrauben gelöst und die Bedienelemente entfernt habe, kann ich den Deckel abheben. Den Spannhebel schraube ich danach mit mindestens einer Schraube wieder an, um den Verschluss während des nun folgenden Säuberns auslösen zu können.
Säubern und Schmieren des COMPUR
Die Verschlussmechanik ist jetzt so weit offengelegt, dass ich die relevanten Elemente mit Wattestäbchen, Reinigungsbenzin und Pipette vorsichtig säubern kann. Es kommt bei alten Exemplaren häufig vor, dass die langen Verschlusszeiten zu zögerlich ablaufen. Das hängt meist mit der Verharzung alten Schmiermittels zusammen, das den Ablauf der Zahnrädchen bremst. Ich hatte sogar schon Fälle, bei denen das Uhrwerk so verklebt war, dass der Verschluss die langen Zeiten ganz ausliess und nur mit ein- und derselben kurzen Zeit ablief. Einige Tropfen Benzin, etwas Durchbewegen und vorsichtiges Abheben des dabei herausgedrückten Schmands haben das Problem fast immer gelöst. Bleibt der Spannhebel auch bei den kurzen Zeiten beim Auslösen stecken oder benötigt manuelle Hilfe, um wieder in den Ausgangszustand zurückzukehren, kann man davon ausgehen, dass auch die Rückholfeder unter dem Spannhebel verkleistert ist. Die Vorgehensweise ist dort prinzipiell die gleiche wie beim Uhrwerk. Damit beim Auslösen mit offenem Gehäuse keine Benzinspritzer auf die Lamellen gelangen, decke ich den Verschlussausschnitt mit etwas Kreppklebeband ab. In den Bewegungsbereich der Lamellen darf dabei nichts hineinragen. War tatsächlich nur Verharzung die Ursache, wird der Ablauf der 1/1 Sekunde beim Testauslösen zunehmend exakter. Am Ende bringe ich punktuell an der Rückholfeder und den Zahnradachsen sehr sparsam Uhrenöl auf. Insbesondere auf die Lamellen darf dabei kein Öl gelangen. Danach spanne und löse ich noch ein paar Mal aus und baue den Verschluss in umgekehrter Reihenfolge wieder zusammen. Weiter gehe ich beim Öffnen eines COMPUR nicht. Sollten weitergehende Arbeiten nötig sein, gebe ich das Teil lieber zum Feinmechaniker.
Oben: Sechs Schrauben müssen zum Öffnen des COMPUR-Deckels gelöst werden.
Oben: Wenn die langen Verschlusszeiten zähflüssig ablaufen, sind meist die Zahnrädchen des Uhrwerks (oben links) und eventuell auch die Feder unter dem Spannhebel (Mitte rechts) verharzt. Kreppklebeband verhindert, dass beim Reinigen und Bewegen der Mechanik Benzinspritzer auf die Lamellen gelangen. Das wäre im Gegensatz zu Öl zwar nicht schlimm, hinterlässt aber beim Verdunsten unschöne Schlieren.
Oben: Das kleine kupferfarbene Gegenstück zum Rädchen für die Betriebsart Z/D/M wird nur lose aufgelegt, während sein Dorn in die Öffnung des darunterliegenden Hebels) ragt. Am besten entfernt man das verharzte Fett, damit sich das Rädchen später geschmeidig drehen lässt.
Oben: Ist die Blende schwergängig, ist im einfachsten Fall ein Trockenlaufen der verchromten Einstellscheibe die Ursache. Drei winzige, stecknadelkopfgroße Tröpfchen Uhrenöl an drei gegenüberliegenden Stellen außen am Rand der Scheibe aufgebracht und nachfolgendes Durchbewegen der Blende können das Problem manchmal lösen, ohne dass Öl auf die Lamellen gelangt.
Oben: HELIAR und COMPUR so weit geöffnet, wie es für meine Wartungsarbeiten ausreicht. Alle abgebauten Einzelteile werden zunächst gereinigt. A ist die vordere Linsendoublette, B die Mittellinse und C die hintere Doublette des Fünflinsers. K bis N plus Federring und Schräubchen sind die Teile des Zeiteinstellrädchens. Scheibe M drückt je nach ihrer Ausrichtung den Dorn Z mehr oder weniger nach links und legt dadurch die Verschlusszeit fest. Zwischen K und L setze ich beim Zusammenbau eine winzige Menge Uhrenöl, damit sich das Rädchen geschmeidig drehen lässt. Das gleiche zwischen H und J (mit dem Deckel E dazwischen). Der Auslösehebel G ist unter dem Deckel aufgesteckt und wird durch den Deckel von oben mit dem kurzen (!) Schräubchen fixiert. F ist der mit drei Schrauben befestigte Spannhebel.
Die Befestigung auf der Objektivplatte
Verwöhnt durch die genormten Einbaumaße moderner Verschlüsse stelle ich fest, dass mein 15er HELIAR in dieser Beziehung eigene Wege geht. Sein Verschluss ist ein antiker COMPUR II Hülse 4/II. Ausgestattet mit einem M44-0.9 Gewinde ist der Verschluss wenige Millimeter zu groß für eine gängige COMPUR 1 Platte. Die könnte man natürlich ausfeilen, aber die Beschaffung eines passenden Montagerings stellt sich als schwierig heraus. Das Online-Angebot an gebrauchten Ringen ist mager, mangels exakter Maßangaben – vor allem hinsichtlich der Gewindesteigung – undurchsichtig und zugleich erstaunlich kostspielig, wenn man bedenkt, dass es sich nur um einen simplen Schraubring handelt. Nach einer alten Plattenkamera zu suchen, um sie wegen ihres Befestigungsrings zu schlachten, kommt für mich aus ethischen und konservatorischen Gründen nicht in Frage. Die müsste dann schon vorher schrottreif sein. Und so bleibt als Bezugsquelle S.K.GRIMES in der Nähe von Boston in den USA, bei denen man Nachfertigungen historischer Objektiv-Schraubringe beziehen kann. Eine unerwartete Alternative ergibt sich schließlich durch einen hilfsbereiten Kollegen, der mir mit seinem 3D-Drucker eine Objektivplatte mit passendem Gewinde anfertigt. Mit einem selbstgeschnippelten Abstandsring aus einer Plastikhülle stelle ich sicher, dass das Verschlusszeitenrad am Ende des Einschraubweges nach oben zeigt. Damit ist mein 4.5/15 cm HELIAR jetzt einsatzbereit.
4) Wartung des HELIAR 1:4.5/21 cm
Zustandsbeschreibung
Das Objektiv stammt aus dem Online-Angebot eines Fachhändlers und ist auf einer alten Plaubel-Platte befestigt. Die Glasflächen des Objektivs sind geringfügig verschmutzt, die Frontlinse hat feine Kratzer. Der Verschluss sieht äußerlich ungepflegt aus, alle Funktionen sind aber intakt und die Lamellen scheinen in einem gutem Zustand zu sein. Daher kann ich mich auf die Reinigung der Linsen und des Außengehäuses sowie die Montage auf eine passende Platte beschränken.
Oben: Im Gegensatz zu dem durch ein Uhrwerk gesteuerten COMPUR ist der COMPOUND ein pneumatischer Verschluss. Typisches Erkennungszeichen ist der querliegende Druckkolben außen über der Verschlusszeitenscheibe.
Ausbau und Reinigung der Linsen
Prinzipiell funktioniert das genauso wie bei dem 15er HELIAR. Die vordere Baugruppe schraube ich mit der Hand gegen den Uhrzeigersinn aus dem Verschlussgewinde heraus. Anders als beim 15er ist bei dem Nachkriegsobjektiv die Mittellinse aber fest mit der vorderen Doublette verbunden. Jedenfalls sehe ich keinen materialschonenden Weg, die Optik weiter zu zerlegen. Muss auch nicht sein. Die drei Linsen scheinen hermetisch miteinander verbunden und außer ein wenig Schneideritis an der Innenfassung sind dazwischen kaum Unregelmäßigkeiten zu entdecken. Die hintere Linsendoublette lässt sich mit einem Objektivschlüssel vom Typ COPAL No. 3 gegen den Uhrzeigersinn lösen und dann mit der Hand herausschrauben. Danach reinige ich alle vier freigelegten Linsenoberflächen behutsam ebenso wie die Gewinde und schraube die einzelnen Komponenten wieder zusammen.
Oben: Beim 21er HELIAR gibt es nur eine vordere und eine hintere Komponente Die Mittellinse ist fest mit der vorderen Linsendoublette verbunden.
Die Befestigung auf der Objektivplatte
Der zu dem 21er HELIAR gehörende Verschluss ist ein COMPOUND III mit einem Montagegewinde der Größe M60-0.9. Die alte silbergraue Plaubel-Platte war vom Typ COMPUR 3s mit einer 64 mm Bohrung, in die der Schaft des Flanschrings exakt hineinpasste. Den Ring kann ich für die künftige Platte übernehmen. Theoretisch könnte ich Ihn wie einen Konterring verwenden. Der Ausschnitt der modernen COPAL 3 Platte ist aber 1 mm größer, so dass das Konstrukt etwas Spiel hat. Daher entschließe ich mich dazu, die bestehenden Bohrlöcher und Schrauben weiter zu nutzen, passende Gewindebohrungen an der neuen Platte anzubringen und den Flanschring anzuschrauben.
Damit sind beide HELIARE mit passenden Objektivplatten einsatzbereit, so dass ich sie an der WISTA 45 SP und per Adapter an der SINAR F verwenden kann. Teil 2 berichtet vom praktischen Einsatz der antiken Objektiv-Schätzchen.
Copyright 2021 by Klaus Schörner / www.bonnescape.de
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Hajott (Samstag, 20 Februar 2021 09:28)
Sehr inspirierend. Nach solchen Informationen habe ich gesucht. Ich habe mir eine Intrepid-Kamera gekauft, um jetzt, wo ich Rentner bin, an meine frühere analoge Fotoerfahrung anzuknüpfen. Schwarzweiß entwickle und vergrößere ich selbst im eigenen Labor und habe Freude daran, mit alten Objektiven zu experimentieren. Ein Voigtar und ein Tessar habe ich schon. Ein Heliar wäre ein Traum, aber ich habe noch kein erschwingliches mit Verschluss gefunden und der Zustand der angebotenen Sachen ist oft nicht so gut. Ihre Informationen sind da sehr hilfreich. Ich bin gespannt auf die Fortsetzung.
Grüße
Hermann
Klaus (admin) (Samstag, 20 Februar 2021)
Hallo Hermann, danke fürs positive Feedback. Beim Erwerb eines Heliar muss man Geduld haben und kontinuierlich online suchen. Wie Sie schon schreiben: In vielen Fällen sind die Preise völlig abgehoben. Besonders bei den längeren Brennweiten. Aber für die Intrepid suchen Sie ja wahrscheinlich eher etwas zwischen 13,5 und 21 cm im Zwischenlinsenverschluss, oder? Andernfalls könnte es an der Objektivstandarte auch ein Stabilitätsproblem geben. Viel Erfolg dabei und viel Spaß beim Experimentieren!
VG, Klaus
Hajott (Freitag, 26 Februar 2021 09:26)
Danke, Klaus, sehr freundlich.
Richtig, ich suche ein Heliar zwischen 15 und 21 cm.
Das 13,5 cm hat mir zu wenig Verstellmöglichkeit bei 4x5.
Ich werde weiter suchen und freue mich auf Teil 2 Ihres Beitrags.
Grüße
Hermann
Mathes (Dienstag, 02 März 2021 12:54)
Aus einer Haushaltsauflösung habe ich eine Bergheil mit einem 13,5 Skopar. Die langen Verschlusszeiten gingen nicht. Ich habe mich drangemacht und bin so vorgegangen wie du, hatte aber nicht die Geduld für eine lange Reinigung. Das braucht wirklich Zeit, bis man den Dreck aus der Feder hat. Weil ma ja nur durch die schmale Lücke drankommt. Man könnte vielleicht weiter aufmachen, hab mich aber nicht getraut. Jetzt läuft alles, abe die 1 Sekunde ist immernoch zu lang. Hab auch schon gelesen, dass Leute das ganze Ding in Benzin tunken. Keine Ahnung ob das gut istfür die Lamelen.
Klaus (admin) (Dienstag, 02 März 2021 14:12)
@ Mathes: Ja, je nach Verschmutzung kann es eine Weile dauern, bis man die Spannfeder gesäubert hat. Baden in Waschbenzin, während man den Verschluss durchbewegt, wird eventuell schneller zum Erfolg führen. Das Benzin spült aber alle Schmierstoffe aus der Mechanik. Auch die, die besser dort verbleiben sollten, weil man zum Nachfetten nicht dran kommt oder gar nicht weiss, wo noch geschmiert werden muss. Hinsichtlich unerwünschter Nebenwirkungen auf die Verschluss- und Blendenlamellen wäre ich da auch eher vorsichtig.
Lemmi (Montag, 22 März 2021 10:05)
Bei ebay laufen Auktionen mit Bergheil und Heliar. Vielleicht kaufe ich mir eine zum S/W-Fotografieren. Ich finde aber keine Angaben zum Filtergewinde. Was für Filtergewinde haben diese Objektive?
Klaus (admin) (Montag, 22 März 2021 12:45)
Zum Thema Filterverwendung mit Heliar-Objektiven werde ich in Teil 2 etwas erzählen. Ist in der Mache. ;-)
So viel vorweg: Die vorhandenen Gewinde der HELIARE entsprechen nicht den heute gängigen Werten für Filtergewinde. Laut "www.arnecroell.com/voigtlaender.pdf" sind sie auch gar nicht als Filtergewinde gedacht, sondern konstruktiv bedingt. Man arbeitete damals mit Aufsteckfiltern. Dennoch gibt es da auch Möglichkeiten für gängige Filter. Wie gesagt, später mehr dazu.
minolta0815 (Sonntag, 11 Juli 2021 09:24)
Ich habe mir mal einen Compur verschlimmbessert. Ich war sehr vorsichtig, nach dem Säubern und Zusammenbauen gingen die langen Zeiten wieder, aber Z und D nicht mehr. Das Einstellrad ging, der Dorn war auch richtig in dem Hebelspalt, aber der Auslösehebel funktionierte nur noch bei M. Ich habe den Fehler nicht gefunden.
Klaus (admin) (Sonntag, 11 Juli 2021 10:04)
@minolta0815: Hast du den Verschluss noch? Es kann beim Schließen des Gehäuses schon mal passieren, dass der Dorn des Betriebswahlrädchens nicht richtig in den Spalt des darunter befindlichen Hebels hineinragt, sondern daneben sitzt. Auch der Auslösehebel hat seitlich eine Nut für die Auslösemechanik und unten einen Dorn für die Verbindung zum Drahtauslöseranschluss. Wenn sich M, D und Z aber ohne Krafteinwirkung einstellen lassen und der Auslöser bei Z funktioniert, spricht das dafür, dass du die betreffenden Teile damals richtig zusammengesteckt hast.
Wenn Z und D vor deiner Reinigungsaktion funktioniert hatten, vermute ich, dass du das Ende des dünnen Federdrahts vom Auslösearm (siehe die Teileübersicht im Beitrag bei "D" auf 6 Uhr) unabsichtlich aus der Verankerung geschoben hast. Das kann beim Hantieren mit einem Q-Tip schnell passieren. Das Drahtende muss unter dem Hebel in einem winzigen Slot des senkrechten Dorns ruhen. Sonst kannst du Z und D zwar mit dem Hebelarm bedienen, aber nicht von außen mit dem Auslöser.
Probier doch nochmal, oder schick mir den Verschluss. Dann schaue ich mal rein.