Bildbesprechung: Streuner im Urlaubsparadies
Irgendwo an einem Strand im Süden von Bali um die Mittagszeit. Weit und breit ist kein Mensch zu sehen. Auf einer Anhöhe steht eine Reihe von etwas deplatziert anmutenden Pavillons. Die spitz zulaufenden Dächer erinnern an mittelalterliche Ritterzelte. Der an den Eckstangen zusammengeraffte Stoff flattert bei jeder Brise, die vom Wasser heraufweht.
Angestellte des nahegelegenen Nobel-Hotels haben die Pavillons am Morgen aufgestellt, vielleicht für spätere Wellness-Behandlungen oder für ein Strand-Dinner. Ein kleiner Hund hat sich eine Kuhle in den Sand gedrückt und nutzt den Luxus-Pavillon, der am Abend den betuchten Gästen zur Verfügung stehen wird, für ein schattiges Mittagsschläfchen. Der Streuner ist unterernährt, durch das Fell sind seine Knochen gut zu erkennen. Über die weiße Nase zieht sich eine dunkle Schramme. Hunde haben kein leichtes Leben auf Bali.
Das weitwinklige Querformat bringt Weite ins Bild und zeigt den um die Mittagszeit menschenleeren Strandabschnitt, was die Einsamkeit des kleinen Hundes im Vordergrund betont. Die gerafften Stoffseiten wirken wie ein Bühnenvorhang, setzen sich nach hinten fort, geben dem Bild auf diese Weise Tiefe und lenken das Augenmerk des Betrachters auf den Streuner, der ohne jegliche Bühnenstar-Ambitionen einfach nur seinen primären Lebensbedürfnissen folgt. Für die Einen Traumstrand und Urlaubsfeeling, für die Anderen täglicher Überlebenskampf.
Das Motiv ist für mich Sinnbild für das harte Leben von Mensch und Tier im Urlaubsparadies, das sich überall dort offenbart, wo sich gerade keine Urlauber befinden.
Aufgenommen mit der LEICA M9 und dem ZEISS 2,0/35 mm Biogon ZM.
Copyright 2017 by Klaus Schörner / www.bonnescape.de
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