Drohnenflug bei Nacht

Von nächtlichen Phantom-Flügen, gekrümmten Bananen, hübschen Nachbarinnen und dem behördlichen Daumen

Nachtflug einer DJI Phantom 4 Pro Plus, Foto: bonnescape

Sind Nachtflüge mit einer handelsüblichen Fotodrohne (beleuchtungs-) technisch realisierbar?

Liefert so eine kleine Drohnenkamera bei einem nächtlichen Fotoshooting aus der Vogelperspektive qualitativ verwertbare Bilder?
Und was sagt der Gesetzgeber dazu, wenn ich meine Drohne bei Nacht in den dunklen Himmel jage?

Gern würde ich meine Architekturfotos mit Nachtaufnahmen aus der Luft ergänzen, um sowohl Beleuchtungskonzepte als auch die emotionale Wirkung von Mischlicht-Situationen aus der Vogelperspektive zu zeigen. Daher widme ich diesen Beitrag mal der Frage, ob nächtliche Fotoshootings aus der Luft sinnvoll, realisierbar und erlaubt sind.

Sind Nachtflüge mit der Drohne überhaupt erlaubt?

Natürlich kann man nachts auch fliegen, einfach weil es Spaß macht, das mal im Dunkeln zu tun. Ungeachtet der Risiken, die sich daraus ergeben, dass man im Dunkeln eben nicht so gut sieht, wohin man fliegt. Oder man beobachtet mit der Drohne die hübsche Nachbarin durchs Badezimmer-Fenster im ersten Stock. Oder man macht sich einen Spaß daraus, als vermeintliches UFO am Nachthimmel das Rentnerehepaar von nebenan zu erschrecken. Da gibt es viele pubertäre Gründe. Und genau gegen derartige Absichten richten sich die Drohnen-Verordnungen der diversen Bundesländer mit ihren Einschränkungen, die nachts noch etwas verschärfter wirken. Während Nachtflüge mit Drohnen in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sogar generell untersagt sind, ist in den anderen Bundesländern oftmals die Erteilung einer Einzelaufstiegserlaubnis möglich, die aber an Bedingungen geknüpft ist. 

Nachtflug einer DJI Phantom 4 Pro Plus, Foto: bonnescape

Oben: Die DJI Phantom 4 Pro Plus ist eine semiprofessionelle Fotodrohne mit einer recht ordentlichen on-board Kamera, die scharfe und einigermaßen rauscharme Bildergebnisse liefert. Zumindest unter guten Lichtbedingungen.

Zunächst muss ein wohl begründeter Zweck glaubhaft gemacht werden, und da wird man mit dem Beobachten der Nachbarin sicher nicht durchkommen. Dem Vernehmen nach trennt sich bei der Zweckanerkennung sogar schon die Amateur-Streu vom professionellen Weizen. Soll heißen, nicht-kommerzielle Gründe werden es per se schwer haben, einen nach oben zeigenden amtlichen Daumen zu bekommen. Zudem muss die für den Daumen zuständige Landesluftfahrtbehörde davon überzeugt werden, dass durch den nächtlichen Flug nur geringes Risikopotential für wen oder was auch immer entsteht. Dessen Beurteilung dürfte im Zweifelsfall im Ermessen des betreffenden Entscheidungsträgers liegen. Von Amts wegen. 

Last but not least ändern sich mit Einbruch der Dunkelheit aber auch die Anforderungen an die Eigenbeleuchtung der Drohne. So gibt es eine Durchführungsverordnung der EU (Nr. 923/2012, SERA.3215), die nachts für alle Luftfahrzeuge eine speziell vorgegebene Beleuchtung verlangt. Die Betonung liegt auf "alle". Also für unsere Drohne im Prinzip die gleiche wie für einen Jumbojet. Was im Detail darunter zu verstehen ist, steht in der Luftverkehrsordnung (Anlage 1 zu den §§ 17 und 19, Absatz 7 der LuftVO): Grüne, rote und weiße Positionsleuchten mit klar definierten Lichtstärken und Abstrahlwinkeln sowie zusätzlich noch weiße Blinklichter nach oben und unten. Jedenfalls viel mehr und alles Andere als das, was handelsübliche Drohnen als werksmäßige Ausstattung mitbringen. Ein Umrüsten erscheint problematisch, zumal die Standardbeleuchtung der Drohne stillgelegt werden müsste, weil sie ja in der Luft zu Missverständnissen führen könnte. Zumindest, soweit sie der vorgeschriebenen Beleuchtung widerspricht. Etwa, weil der Pilot eines zufällig vorbeifliegenden Flugzeugs in Verwirrung gerät, weil meine Drohne an der Stelle grün leuchtet, wo sie weiß blinken müsste. Oder so ähnlich. 

Zusätzlich angebrachte Lichtquellen könnten außerdem die Aerodynamik ungünstig verändern, den Stromverbrauch an Bord erhöhen und somit zu kürzeren Akku-Laufleistungen respektive Flugzeiten führen. Sollten diese Hindernisse noch nicht ausreichen, um dem Drohnen-Piloten die Idee eines nächtlichen Einsatzes zu vergrällen, so könnte und sollte man auch mal prüfen, ob die abgeschlossene Drohnen-Haftpflichtversicherung bei nächtlichen Unfällen überhaupt leistet. Ohne Versicherungsschutz wäre es nämlich endgültig unzulässig, im Dunkeln aufzusteigen. 

Muss es denn wirklich Nacht sein?

Eigentlich wollen wir ja gar nicht bei Nacht. Die Dämmerung ist fotografisch sowieso viel geeigneter, weil dann noch ein bisschen Restlicht da ist und unsere Kamera eine Chance hat, außer überstrahlten Lichtern, abgesoffenen Schatten und Bildrauschen auch noch ein paar Details abzubilden. Und mit etwas Nachbearbeitung am Rechner sieht's dann eh aus wie Nacht.

Schauen wir uns also mal genauer an, was Nacht im Sinne des europäischen Amtsschimmels überhaupt bedeutet. "Die Stunden zwischen dem Ende der bürgerlichen Abenddämmerung und dem Beginn der bürgerlichen Morgendämmerung" (DVO Nr. 923/2012, Artikel 2, Absatz 97). Was auch immer an dieser Stelle mit dem Adjektiv "bürgerlich" gemeint sein mag, das Ende besagter Abenddämmerung und den Beginn der entsprechenden Morgendämmerung versteht die Verordnung jedenfalls als den Moment, "wenn sich die Mitte der Sonnenscheibe 6 Grad unter dem Horizont befindet." Wow, das erinnert mich ein wenig an die exakt definierte, maximal zulässige Krümmung der in die EU importierten Bananen. Wie auch immer, die "bürgerliche Dämmerung" ist damit die hellste der drei Dämmerungsphasen, die die Astronomen und Wetterfrösche unterscheiden. Morgens die letzte, abends die erste. Und während dieser darf man also noch (oder schon) fliegen.

Felder in der Abenddämmerung, Luftaufnahme mit Drohne DJI Phantom 4 Pro Plus, Foto: bonnescape

Bevor jetzt jemand bei Sonnenuntergang hingeht und versucht, den 6°-Winkel mit seinem Geo-Dreieck zu bestimmen: Man kann die sich daraus ergebende Uhrzeit für die betreffende Region auch tagesaktuell nachschlagen. Zum Beispiel in den astronomischen Daten der Uni Münster (www.uni-muenster.de/Klima/wetter/astro.php), beim Deutschen Wetterdienst (www.dwd.de) oder auf Webseiten wie datum-und-uhrzeit.de oder timeanddate.de. Interessanterweise variieren die angegebenen Zeiten zum Teil erheblich. So überrascht ausgerechnet der Deutsche Wetterdienst für heute abend mit der Angabe 20:09 Uhr, was nicht stimmen kann, da sich die Sonne zu dieser Zeit ganz offensichtlich noch weit oberhalb des Horizonts befindet. Schließlich haben wir ja gerade Frühsommer. Realistisch erscheinen die astronomischen Daten der Uni Münster, die das Ende der bürgerlichen Dämmerung heute auf 21.13 Uhr festlegen. Also werde ich heute kurz vor 21 Uhr meine Phantom in den Himmel schicken, um zu testen, was die Bordkamera unter sogenannten Dämmerungsbedingungen noch an Bildqualität liefert. Mal sehen, ob sich ein echter Nachtflug danach nicht auch in fotografischer Hinsicht als uninteressant herausstellt. Einfach, weil man nichts mehr sieht, und die Kamera mit dem winzigen Sensor auch nicht, und erst recht nicht mit längerer Belichtungszeit und ohne festen Boden unter den Füßen.

Felder in der Abenddämmerung, 100% Crop, DJI Phantom 4 Pro Plus, Foto: bonnescape

21:10 Uhr, die letzten Fotos ...: Hmh, die Sonne ist weg, aber als dunkel empfinde ich das noch nicht. Nicht mal annähernd. Die erstellten Fotos wirken dunkler als meine subjektive Wahrnehmung. Zum Zeitung lesen reicht das Licht noch locker. Na ja, ok, für das Lesen einer seriösen Zeitung vielleicht nicht mehr, aber ein Boulevardblatt mit großen Buchstaben und kurzen Texten, das geht noch. Der Gesetzgeber scheint da eine nette Sicherheitsspanne eingerechnet zu haben, damit auch wirklich niemand mit seiner Drohne aus Versehen in die Dunkelheit gerät. Immerhin reicht die beginnende Dämmerung dafür aus, dass die Hausbeleuchtung sich bereits gegen das Umgebungslicht durchsetzt, ohne dass ihre Lichtquellen überstrahlen. Der 100% Crop zeigt indes schon deutliches Bildrauschen, was eine Vergrößerungsfähigkeit der Bilder zumindest einschränkt.

Drohnenfoto Wohnhaus, Foto: bonnescape
100% Crop, Drohnenfoto Wohnhaus, Foto: bonnescape

1/25 Sekunde bei offener Blende ohne festen Grund unter den Füßen. Ich finde das schon beachtlich, was der Gimbal der Drohne da in luftiger Höhe noch leistet, um die Kamera stabil zu halten. Aber so richtig knackscharf sind die Fotos in der 100%-Ansicht jetzt auch nicht mehr. Außerdem leiden die Bildtiefen ziemlich unter Detailverlust. Also für einen Fine Art Print ist das nix mehr. Offset vielleicht, wenn das Bild nicht zu stark vergrößert wird und kein allzu feines Raster verwendet wird. Das Druckraster überdeckt dann eh häufig die feinsten Details, und man muss ja niemanden darauf hinweisen, dass das Bild auch ohne Raster gar keine feinsten Details hat. Also Online. Ja, für eine Verwendung im Internet funktionieren die zu dieser Zeit geschossenen Fotos noch ganz gut.

Heimkehr einer DJI Phantom 4 Pro Plus vom Nachtflug, Foto: bonnescape

Oben: Ende der "bürgerlichen Abenddämmerung". Erzwungene Heimkehr der Drohne zum Transportkoffer.

Fazit:

Wenn man seine Drohne nicht gerade hoch über den hell beleuchteten Metropolen dieser Welt kreisen lässt (was seit der novellierten Drohnenverordnung zumindest in Deutschland auch tagsüber überwiegend unzulässig sein dürfte), kann man den nächtlichen Fotoeinsatz aus der Vogelperspektive wohl vergessen. Rechtlich aufwändig mit unsicherem Ausgang und fotografisch kaum lohnenswert. Zumindest, wenn man hohe Ansprüche an die technische Qualität seiner Fotos stellt. Zu unscharf, zu verrauscht, zu wenige Details. Zumindest mit der DJI Phantom 4 Pro, die unter normalen Bedingungen eine sehr gute Bildqualität liefert. Der winzige, aber mit 17 Megapixeln vergleichsweise hoch auflösende Kamerasensor gerät bei wenig Licht sichtbar an seine physikalisch bedingten Grenzen.

Copyright 2018 by Klaus Schörner / www.bonnescape.de

Alle Luftaufnahmen mit DJI Phantom 4 Pro Plus. Crops in 100%-Ansicht, ungeschärft.

Alle "bodenständigen" Fotos mit NIKON D750 und AF-Nikkor 80-200 mm 1:2,8 D.


Die Angaben in diesem Essay wurden aus eigenem, privatem Interesse an der Thematik
sorgfältig recherchiert. Da der Autor jedoch weder Pilot, noch Astronom, Wetterfrosch
oder Jurist ist, gilt: Dieser Bericht stellt keine Rechtsberatung dar und alle Angaben sind
ohne Gewähr.


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Kommentare: 15
  • #1

    Alex N. (Freitag, 25 Mai 2018 21:00)

    Ein humorvoller Beitrag, kurzweilig und sehr interessant wegen einer Menge konkreter Informationen. Bravo!
    Grüße, Alex

  • #2

    Thomas Becker (Samstag, 30 Juni 2018 11:36)

    Viele Infos zu einem Thema, für das ich mich gerade interessiere. Danke!

  • #3

    Klaus (admin) (Samstag, 30 Juni 2018 19:16)

    @Alex
    @Thomas
    Vielen Dank für Euer positives Feedback!

  • #4

    Mark (Dienstag, 24 Juli 2018 15:49)

    Amüsant. Ich fange gerade erst an mich mit dem Thema Drohne zu beschäftigen. Hätte nicht gedacht, dass das alles rechtlich so kompliziert ist. Das kann einem den Spass an der Sache schon versauen. Danke für die Infos.
    Mark

  • #5

    tobsy (Sonntag, 16 Dezember 2018 12:26)

    Schade und irgendwie wieder typisch deutsch. Da werden interessante fotografische Möglichkeiten kaputt reglementiert wegen des Missbrauchs durch einige wenige.
    Danke für den tollen Beitrag!

  • #6

    Klaus (admin) (Sonntag, 16 Dezember 2018 13:24)

    @ tobsy: Ja, da ist leider was dran. Obwohl bestimmte Regelungen da schon wichtig und nicht nur in Deutschland üblich sind: Ich bin gerade zurück von den Kanarischen Inseln und hatte im Vorfeld über Möglichkeiten recherchiert, dort Landschaftsfotos aus der Luft zu machen. Was soll ich sagen, da geht legal so gut wie nichts! Entweder militärisch genutztes Gebiet, oder Naturschutzgebiet, oder bewohntes Gebiet. Ich habe die Drohne zuhause gelassen.

  • #7

    Patrick (Montag, 31 Dezember 2018 12:53)

    Danke für deinen Beitrag, hat ein paar Anregeungen in meinem Kopf losgetreten xD...den Nachtflug vorerst seinzulassen

  • #8

    Mark (Sonntag, 27 Oktober 2019 12:30)

    Man darf in Europa ja inzwischen fast nichts mehr mit der Drohne. Dank denjenigen, die immer noch meinen, in der Nähe von Flughäfen usw. aufsteigen zu müssen.
    Aber bei Nachtaufnahmen gebe ich dir recht, das macht wirklich keinen Sinn.
    VG Mark

  • #9

    Drone4me (Donnerstag, 19 Dezember 2019 08:30)

    Leider ist es so wie du schreibst. Und die kleinen Drohnen ala Mavica können bei Nacht noch weniger als die Phantom.

  • #10

    mb (Montag, 13 April 2020 12:00)

    Guter Beitrag, viele Infos, nett zu lesen.

  • #11

    Beat.C (Montag, 20 Juli 2020 20:10)

    Toller Beitrag mit Witz und Charme. Im grossen und ganzen gebe ich Dir recht. Die Aufnahmen bei wenig Licht sind natürlich mit einem 1" Sensor des P4P Pro nicht zu vergleichen was wir von Vollformat oder auch gewisse APS-C Kameras gewohnt sind.
    Dennoch bin ich der Meinung man kann einiges rausholen zur blauen Stunde. Ich zeige hier als ein Beispiel eines meiner 360 Grad Luftbilder. https://goo.gl/maps/QywNdWucJTQseCjJ9
    Es gilt hier zu beachten, dass das Bild nicht grösser wie 13000px*6500px für Google Maps sein darf. Google komprimiert dann auch noch ordentlich. Ich persönlich finde das jetzt nicht mal so übel. OK beim reinzoomen wird's etwas hässlich, hat aber wie gesagt auch mit Googels Komprimierung zu tun. Das kann ich auch in gewissem Masse feststellen bei 360er die ich mit dem Novoflex Panoadapter am Boden mache.

  • #12

    Klaus (admin) (Dienstag, 21 Juli 2020 10:47)

    Hallo Beat,
    vielen Dank, auch für den link. Ein schönes Beispiel für ein imposantes 360° Panorama. Macht Spaß, mit den Augen darin spazieren zu "fliegen". Natürlich zeigen die dunklen Bereiche unten die technischen Grenzen des kleinen Sensors, aber bei Aufnahmen für die Bildschirmpräsentation – zumal, wenn diese beweglich sind wie bei deinem Panorama – ist das noch gut zu tolerieren. Ist das auch mit einer Phantom gemacht?
    Viele Grüße
    Klaus

  • #13

    Beat.C (Dienstag, 21 Juli 2020 13:49)

    Hallo Klaus, danke für Dein Feedback. Ja das Panorama wurde mit einem Phantom 4 Pro Obsidian Black gemacht. Normalerweise mache ich lieber Panos bei mehr Licht oder wenn die Sonne kurz vor dem untergehen ist.
    https://goo.gl/maps/LbBk7UjzTEkEi7Cg7
    https://goo.gl/maps/6UUfM6KL7xzLHaHi9
    Viele Grüsse
    Beat

  • #14

    Andreas Miltner (Montag, 07 September 2020 09:51)

    Es gibt - bis zur Änderung der Flugsicherungsausrüstungsverordnung (FSAV) - eine zusätzliche Ausrüstungsverpflichtung bei Nachtflügen. Nach §4 ist ein Transponder für Flüge im unkontrollierten und kontrollierten Luftraum (=in ganz Deutschland) vorgeschrieben.

  • #15

    Klaus (admin) (Montag, 07 September 2020 10:21)

    Hallo Herr Miltner,
    danke für den ergänzenden Hinweis und beste Grüße nach Langen.