Fotograf: Hobby oder Beruf

Machst du dein Hobby zum Beruf, hast du kein Hobby mehr!

Dschunke im frühen Morgenlicht in der Bucht von Hong Kong. Foto: Klaus Schoerner

Oft habe ich mich gefragt, ob es damals für mich die richtige Entscheidung war, den Berufsweg des Fotografen einzuschlagen. Dass der kommerzielle Druck im Laufe der Zeit zunehmen würde, konnte man vor 35 Jahren bereits ahnen. Aber davon mal ganz abgesehen: Was passiert mit einer Leidenschaft, wenn man sie zum (vermeintlichen) Traumberuf macht? Ein Plädoyer mit Augenzwinkern für das Fotografieren ohne Ergebnisdruck.

"Wenn du dein Hobby zum Beruf machst, hast du danach kein Hobby mehr." Ich glaube, es war mein Vater, der mich damals mit diesen Worten warnte. Und rückblickend betrachtet hatte er damit recht, wenn auch im übertragenen Sinne.

Natürlich beschäftige ich mich auch heute noch in meiner Freizeit mit Fotografie, aber meine Sichtweise dazu hat sich verändert. Auch während meiner Zeit als Hobby- oder Amateurfotograf wollte ich perfekte Ergebnisse erreichen und war bereit, dafür erheblichen Einsatz zu bringen. Jedoch geschah dies ohne Zeitdruck und es war immer auch die Beschäftigung mit dem Prozess des Fotografierens an sich, ebenso wie die Technik, Haptik und das ästhetische Design der Kameras, die für mich den Reiz der Fotografie ausmachten. Die Freude an gut gelungenen Bildern war das eine, der Spaß beim Fotografieren das andere. 

Perfekte ästhetische Fotos können mich heute nach wie vor begeistern, Kameratechnik beurteile ich mittlerweile eher emotionslos danach, ob sie mir als Werkzeug zu guten Fotos dienlich sein kann. Das Fotografieren selbst ist ein Arbeitsprozess. Das frühere "Einfach-Machen-und-dabei-Freude-Haben", das durch seine unbedarfte Leichtigkeit mitunter zu erfrischenden Ergebnissen führte, wird heute durch die Sinnfrage oder aber durch einen routinierten Perfektionismus überlagert, der in der Regel zu ordentlichen Bildern führt, den Prozess des Fotografierens selbst aber dem Resultat unterordnet und damit unter einen gewissen unentspannten Leistungsdruck stellt. Sich von dem Leistungsgedanken zu lösen, der spätestens mit dem Studium begann und den beruflichen Alltag beeinflusst, ist nicht so einfach. Auch der Qualitätsanspruch an die eigenen Fotos verändert sich als Fotograf. Man lernt, wird besser, und ist irgendwann mit Ergebnissen unter dem eigenen persönlichen Qualitätsniveau einfach nicht mehr zufrieden. 

Strassenkreuzung im Zentrum von Hong Kong. Foto: Klaus Schoerner

Oben: Abendliches Straßenbild in der Innenstadt von Hong Kong.

Unten: Blick von einer der Fußgängerbrücken auf den morgendlichen Berufsverkehr von Hong Kong.

Strassenverkehr im Zentrum von Hong Kong. Foto: Klaus Schoerner

"Machst du mal ein Foto von uns?"

"Ich hab das gelernt und darf daher hier keinen peinlichen Mist bauen." Ja, auch das, was Andere denken, spielt eine Rolle. Jeder Mensch sucht nach Anerkennung für das, was er jeden Tag tut und findet darin auch die Motivation zum Weitermachen. In der modernen Gesellschaft, in der fast jeder eine vollautomatische Kamera besitzt und damit zu annehmbaren Ergebnissen kommt, sinkt das Ansehen des Berufsstandes der Fotografen. Irgendwie sind die Fotos eines Fotografen immer öffentlich, sei es bei Familie, Freunden, Kollegen oder Auftraggebern. Die persönliche Leistung als Fotograf steht dabei mit jedem profanen Knipsbild immer auf dem Prüfstand. Irgendjemand hält dir sein Smartphone mit den Worten hin: "Machst du mal ein Foto von uns?" Achtung! Dieses popelige Handy-Foto wird unter Umständen später von Hinz und Kunz als "pars-pro-toto" zur Beurteilung deiner gesamten fotografischen Lebensleistung herangezogen. Ist es einigermaßen gelungen, wird man die Sache herunterspielen, "Klar, der hat das ja gelernt." Ist es Mist, wird es heißen: "Boah, ich dachte der ist Fotograf!" Und noch nach Jahren wird man sagen: "Ja, von dem hab ich mal ein Foto gesehen. Das war aber nix."

Natürlich ist das ein wenig humorvoll überzeichnet. Und um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Fotograf ist ein toller Beruf. Trotz allem. Und da gibt es ja noch genug andere Widrigkeiten, mit denen man als Berufs-Fotoschaffender heutzutage zu kämpfen hat. Und doch ..., wenn ich es mit dem Wissen von heute noch einmal entscheiden könnte: Wäre Fotografie wieder meine Leidenschaft? Ganz sicher. Würde ich Fotografie zu meinem Beruf machen? Ich weiss es nicht. Wirklich nicht. Vielleicht nicht. Amateur-Fotograf sein ist auch toll und irgendwie genussvoller.  😉

Blick über den Vorplatz des Messezentrums auf die Bucht von Hong Kong. Foto: Klaus Schoerner

Oben: Blick aus einem Zimmer des Grand Hyatt über den Vorplatz des Messezentrums auf die Bucht.

Unten: Hong Kong schläft nie. Straßenverkehr am sehr frühen Morgen.

Nächtlicher Strassenverkehr im Zentrum von Hong Kong. Foto: Klaus Schoerner

Zwangloses Fotografieren in Fernost

Nein, die Bildauswahl für diesen Artikel ist kein Versehen. Ich habe eine Reihe von Fotos gewählt, die vor Jahren quasi nebenbei während zwei oder drei beruflicher Aufenthalte in Hong Kong entstanden sind. Ich habe damals vor Arbeitsbeginn den frühen Morgen genutzt, um durch die nähere Umgebung zu streifen und einfach ein paar Fotos zu machen. Die Bilder sind nicht perfekt, aber in der geringen Abbildungsgröße gar nicht mal so übel, obwohl sie planlos und ohne jeden Qualitätsdruck mit einer einfachen Kompaktkamera gemacht wurden, deren Pixelzahl man schon damals als Understatement hätte bezeichnen können. Es war ein zwangloses Fotografieren und hat großen Spaß gemacht. Man sollte sich häufiger Zeit für entspanntes Fotografieren nehmen.

Häuserschlucht in Hong Kong. Foto: Klaus Schoerner

Oben: Blick aus dem Hotel. Akuter Platzbedarf. In Hong Kong baut man in die Höhe.

Unten: Blick aus dem Hotel zur anderen Seite. Kleiner privater Dachgarten zwischen den Häuserschluchten.

Dachgarten im Zentrum von Hong Kong. Foto: Klaus Schoerner
Private Angler am Hafen von Hong Kong. Foto: Klaus Schoerner

Oben: Spontan-Angler am frühen Morgen im Hafen von Hong Kong. Die Ausrüstung - ein Pappkärtchen mit aufgewickelter

Angelschnur - passt in die Hosentasche.

Traditionelle Dschunke in der Bucht von Hong Kong. Foto: Klaus Schoerner

Oben: Dschunke in der Bucht von Hong Kong im Morgenlicht.

Unten: Hong Kong leidet unter Platznot. Daher versucht man dem Meer neues Land abzutrotzen. 

Blick aus dem Grand Hyatt Hotel auf ein Landgewinnungsprojekt der Stadt.

Blick auf das Landgewinnungsprojekt von Hong Kong. Foto: Klaus Schoerner

Copyright 2017 by Klaus Schörner / www.bonnescape.de


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Kommentare: 1
  • #1

    Oliver (Dienstag, 22 Dezember 2020 09:40)

    Was soll man dazu sagen? Es stimmt. Besonders der Abschnitt "Machst du mal ein Foto von uns?" Etwas überzeichnet. Aber es ist schon so. Ich fotografiere Hochzeiten, arrangiere meine Fotos, und um mich herum die ganzen Knipser mit den Handys, die von meinem Arrangement schon Bilder machen, während ich noch vorbereite. Echt Stress. Sehen die Kunden den Qualitätsunterschied? Nicht immer. "Och, das Foto den dem Markus ist fast genauso gut und kostet nichts. Nehmen wir doch das einfach."