Erfahrungsbericht: eBay-Kauf und Paypal-Käuferschutz
Trotz aller Vorsicht und langjähriger Erfahrung: Ich bin bei eBay auf ein perfekt inszeniertes Fake-Angebot hereingefallen. Was ist dran an dem Versprechen von Auktionsplattform und Online-Bezahldienst, den Käufer zu entschädigen, falls er die gekaufte Ware nicht erhält? Und wie gehen beide im Ernstfall vor?
Chronik eines misslungenen Online-Kaufs.
(Update 10.7.18)
Ein gutes Angebot ...
999 Euro soll die DSLR kosten, ein guter Preis. Das eBay-Angebot verspricht eine fast neuwertige Kamera mit wenig mehr als 3.000 Auslösungen. Standort in der Nähe von Köln. Die beste Kamera, die er jemals hatte, schreibt der Verkäufer, dessen eBay-Account mehr als einhundert positive Bewertungen ziert. Erst im letzten August habe er sie bei einem bekannten Hamburger Fotohändler erworben. Aber nun wolle er zu einer Vollformat-NIKON upgraden. Die in einwandfreiem Deutsch verfasste Beschreibung klingt schlüssig und ist durch mehrere Bilder ergänzt, die eine gut erhaltene Kamera und einen teilweise unkenntlich gemachten Kaufbeleg des Fotogeschäftes zeigen.
Zunächst klappt alles schnell und reibungslos ...
Die Sache sieht gut aus. Es ist schon 22 Uhr. Wer weiß, ob die Kamera morgen noch da ist. Ich schlage kurzentschlossen zu und erwerbe das Ding per Sofortkauf. Die Kaufbestätigung von eBay kommt Sekunden später per email. Und weil ich die Kamera schnell haben möchte, klicke ich auf den Button "Jetzt bezahlen" und weise den Kaufbetrag per Paypal sofort an. Zwei Minuten später ist auch die Zahlungsbestätigung da und nach nur zehn weiteren Minuten schreibt mir der Verkäufer, dass er die Kamera am nächsten Tag verschicken wird. Perfekt, die Sache läuft. Ich schalte den Rechner aus und mache Feierabend. Die beiden emails, die mein Postfach gegen 23 Uhr erreichen, sehe ich an diesem Abend nicht mehr.
Ich bin mittlerweile seit 18 Jahren bei eBay aktiv und habe dort schon viel gekauft und verkauft. Eigentlich ist immer alles gut abgelaufen, gerade und insbesondere bei hochpreisigen Artikeln wie Kameras und Objektiven. Ein paar Sicherheitsregeln muss man natürlich befolgen. Wie seriös wirkt die Artikelbeschreibung? Welche und wie viele Bewertungen hat der Verkäufer von anderen eBay-Mitgliedern erhalten? Was für Artikel bietet er normalerweise an? Kann ich den Artikel abholen oder per Paypal zahlen? Gerade Letzteres ist für mich entscheidend, denn schließlich bietet Paypal ja den vielbeworbenen Käuferschutz: Erhalte ich als Käufer meine Ware nicht, bekomme ich von Paypal den Kaufpreis zurück. So verspricht es der Online-Bezahldienst und lässt sich diesen Service mit einem Teil des transferierten Betrags vergüten.
"Starke Indizien" sprechen für eine "unautorisierte Auktion" ....
Der erste, augenscheinlich vom eBay-Sicherheitsteam versendete "MC139 Sicherheitshinweis" informiert mich am nächsten Morgen darüber, dass eine über das eBay-Email-System an mich verschickte Email "möglicherweise" Produkt einer unberechtigten Nutzung eines Mitgliedskontos ist. Hmh, ein gehacktes Konto? Doch hoffentlich nicht die email des Kameraverkäufers von gestern abend!
Die zweite Email stammt vom eBay-Kundenservice und erzählt etwas von "starken Indizien", dass das Kameraangebot von einer "unautorisierten dritten Person ohne Zustimmung des Kontoinhabers" eingestellt wurde. Man habe das Angebot folglich entfernt und die Transaktion abgebrochen. Es folgen diverse Hinweise und Links zu weiteren Informationsseiten. Wie bitte? Ist diese email jetzt echt oder Fake? Ich sehe einige Schreibfehler, die normalerweise Kennzeichen von Phishing-Mails sind. Sicherheitshalber logge ich mich bei eBay ein und gehe ins Nachrichtencenter. Ja, da ist sie. Die Email ist offenbar echt. Und die Auktionsseite mit den Bildern der Kamera lässt sich nicht mehr aufrufen, was ich jetzt weniger gut finde. Die war ja bereits beendet, bevor man aktiv wurde. Also hätte man sie auch stehen lassen können, um alles zu dokumentieren. Und schließlich: "Angebot entfernt" ist gut und schön, aber was ist mit meiner bereits geleisteten Zahlung? Mir scheint, dass eBay mehr bestrebt ist, den Inhaber des mißbräuchlich genutzten Accounts zu schützen, als mich, der ich der eigentlich Geschädigte bin.
Käuferschutz oder Selbstschutz? eBay ergreift Maßnahmen
Der nächste Weg führt mich zu meinem Paypal-Konto. Wow, meine Zahlung von gestern abend wird offenbar zurückgebucht. Ok, der Betrag ist noch nicht gutgeschrieben, aber man kündigt mir die Gutschrift innerhalb von zwei Werktagen an. eBay oder Paypal, wer immer das veranlasst hat: Respekt! Auch wenn für mich nicht erkennbar ist, was da jetzt genau im Hintergrund passiert ist: Die Sicherheitsmechanismen scheinen zu greifen. Ich bin begeistert und sende eine Email an eBay und Paypal, in der ich mich für den Einsatz bedanke. Ein netter Kundenservice-Mitarbeiter von eBay antwortet prompt und berichtet, er habe für mich einen Fall wegen eines nicht erhaltenen Artikels eröffnet und wünsche mir, dass ich die Rückerstattung schnell erhalte. Paypal beantwortet meine Dankes-Email lediglich mit einer automatisierten Antwort, die wie folgt beginnt: "Vielen Dank für Ihre E-Mail. Vielleicht finden Sie hier eine Antwort auf Ihre Frage: ..."
Na gut, ich kann mich also zurücklehnen. Schade um die Kamera, die hätte ich wirklich gern gehabt, aber nun gut, das Geld ist auf dem Rückweg. Also ist kein Schaden entstanden. Eines will ich aber noch wissen: Ich google Namen und Wohnort des Verkäufers aus der Kaufbestätigung, und siehe da: Seine Telefonnummer steht im Internet. Es meldet sich ein freundlicher Mann, der einige Zeit braucht, um zu verstehen, was ich ihm da erzähle. Schließlich gibt er den Telefonhörer an seinen Sohn weiter, der mit dem Account des Vaters offenbar der eBayer in der Familie ist. Erwartungsgemäß hat der Junge keine Kamera zu verkaufen und weiß auch nichts von einer missbräuchlichen Nutzung des Mitgliedskontos. Er habe vor Wochen allerdings mal eine vermeintliche eBay-Sicherheitsmitteilung erhalten, diese aber für Phishing gehalten ...
Zwei Werktage später:
Da läuft jetzt etwas nicht mehr rund. Auf meiner Paypal-Kontoübersicht sehe ich, dass die avisierte Rückzahlung storniert wurde. Shit! Sofort klicke ich auf einen link zu der betreffenden Paypal-Seite und stelle einen Antrag auf Käuferschutz. Kurze Zeit später erhalte ich von eBay die Nachricht, man habe dort meinen Fall geschlossen, da ich ja nun einen bei Paypal eröffnet habe. Nochmal Shit, das hatte ich eigentlich nicht beabsichtigt. Ist das jetzt gut oder schlecht? Diese Frage schreibe ich auch dem eBay-Kundenservice. Die Antwort kommt schnell und verweist mich freundlich, aber bestimmt an Paypal. Ich habe den Eindruck, dass man bei eBay nun froh ist, nichts mehr mit der Sache zu tun zu haben. Die beendete Auktion lässt sich eh nicht mehr aufrufen, auf der "Mein eBay"-Seite wird sie nicht mehr als bezahlt ausgewiesen und jetzt, nachdem der "Fall geschlossen" wurde, erhalte ich auch keine Info mehr, ob die überhaupt noch etwas gegen den Fake-Verkäufer unternehmen. Dem Paypal-Kontoauszug entnehme ich die Email-Adresse, an die meine Zahlung ging. In der Annahme, dass es nicht die gleiche Adresse ist wie die, die der echte Account-Inhaber bei ebay hinterlegt hat, schreibe ich dem Empfänger meines Geldes eine Email, stelle mich dumm, erzähle was von "komischen eBay-Mitteilungen" und erkundige mich, ob alles geklappt hat und wann die Kamera kommt. Natürlich bleibt meine Nachricht ohne Antwort. Inzwischen erscheint auf der Käuferschutzseite von Paypal auch ein Hinweis, man habe den Verkäufer kontaktiert und er habe nun zwei Wochen Zeit zu antworten. Na prima, das dürfte ihm ja genug Zeit geben, um mit meinem Geld zu verschwinden ...
Update 10.07.:
Zwei Wochen später:
Vor drei Tagen ist die Frist, die Paypal dem Verkäufer gesetzt hat, abgelaufen. Vermutlich, ohne dass etwas passiert ist. Jedenfalls weist die eigens für diesen Konfliktfall eröffnete Seite keine Veränderungen auf. Und das Geld ist natürlich auch nicht zurückgekommen. Ich schreibe eine Nachricht an Paypal und erkundige mich höflich, ob man denn jetzt nicht allmählich mal etwas unternehmen wolle, oder ob es für mich jetzt doch ratsam sei, bei der Polizei Anzeige gegen den unbekannten Zahlungsempfänger zu stellen. Wenig später erhalte ich eine offensichtlich aus vorgefertigten Textbausteinen zusammengesetzte Antwort mit Informationen, als hätte ich noch gar keinen Käuferschutzfall eröffnet. Immerhin beinhaltet die Nachricht den Hinweis, man könne auf die Email antworten. Das finde ich im Gegensatz zu den früheren no-reply Absendern jetzt erfrischend und nutze die Möglichkeit umgehend für eine erneute Zusammenfassung der Ereignisse mit dem Appell, jetzt doch mal etwas gegen den unberechtigten Empfänger meines Geldes zu tun.
Ob nun eine Folge meines Appells oder nicht, ...
... am nächsten Tag geht es gegen Mittag plötzlich schnell. Der Konfliktfall wurde geschlossen. Die 999 € sind in der Rückbuchung und auch schon gutgeschrieben. Per email informiert mich Paypal, man habe das Geld zurückerlangen können, es könne aber bis zu fünf Werktage dauern, bis der Betrag gutgeschrieben sei. Na endlich! Hurra!
Ich lese weiter, dass Paypal Maßnahmen ergreifen werde, falls das Konto des "Verkäufers" nicht ausreichend gedeckt sei. Also haben sie das Geld jetzt nun oder warten sie noch drauf? Ok, so lange es jetzt auf meinem Konto bleibt und die Rückzahlung nicht wie beim letzten Mal drei Tage später wieder storniert wird, soll's mir recht sein. Danke Paypal!
Und bei eBay? Sieh an, kein Hinweis mehr auf meinen Seiten. Nichts mehr zu finden. Spurlos verschwunden, als hätte die ganze Angelegenheit niemals stattgefunden ...
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Udo A. (Montag, 02 Juli 2018 17:01)
"Irgendwann kriegen wir euch alle", an dem Satz ist wohl was wahres dran. Ich hoffe mal für dich, dass alles gut geht. Ich bin gespannt.
Ich habe mir angewöhnt, mich durch "gute Angebote" nicht mehr unter Druck setzen zu lassen. Wie schreibt Ebay nach einer verpassten Auktion immer: "Es gibt noch mehr". Teure Kameras und Objektive kaufe ich nur noch bei mir bekannten Händler (am besten vor Ort) ein. Mit Privatverkäufern habe ich einige male sehr schlechte Erfahrungen mit dem Zustand der Ware gemacht. Aussen hui - innen pfui, war schon öfter mal dabei. Zum Glück nichts teures, aber ärgern tut man sich doch.
Daumen drück, Udo
Klaus (admin) (Montag, 02 Juli 2018 21:08)
Danke Udo, das ist nett von dir :-)
Klaus (admin) (Montag, 02 Juli 2018 21:23)
Bisher waren meine Erfahrungen gerade bei hochpreisigen Artikeln immer positiv. Vielleicht einfach Glück. Eventuell muss ich umdenken. Trotz aller Vorsichtsmassnahmen, man schaut halt nicht hinter die Kulissen. Zurück zu den lokalen Händlern.
LG, Klaus
Markus (Dienstag, 27 August 2019 18:31)
Oder man kauft/verkauft über eBay Kleinanzeigen und löst das ganze über Barzahlung bei Abholung. Ein paar 100km ist mir manche Gelegenheit wirklich Wert. Außerdem lernt man viele nette und interessante Leute kennen.
Habe damit bisher viele gute Erfahrungen gemacht.
J.Mnstettr (Freitag, 15 Oktober 2021 09:06)
Spannendes Lehrstück. So kanns gehen. Da hast du am Ende noch Glück gehabt. Ebay ist vor allem bestrebt, die sichtbaren Konten sauber zu halten. Kein schlechtes Marketing durch Hinweise auf schiefgegangene Deals, unzufriedene Kunden, Rückgaben, etc. Und als geprellter Kunde hat man seine liebe Not, alles zu dokumentieren und sein Geld zurückzubekommen.