Inspiration: Chiaroscuro in der Fotografie
Chiaroscuro, wörtlich übersetzt „hell-dunkel“, ist ein künstlerisches Ausdrucksmittel, das seinen Ursprung in der Malerei der italienischen Spätrenaissance und des Barock hat. Die sogenannte "Hell-Dunkel-Malerei" wurde u.a. von Leonardo da Vinci und Caravaggio perfektioniert und nutzt ausgeprägte Licht- und Schatteneffekte, um Dramatik und Dreidimensionalität zu erzeugen. Chiaroscuro ist auch in der Fotografie ein beliebtes Stilmittel und wird eingesetzt, um Motive durch starke Kontraste zwischen hellen und dunklen Bildbereichen in Szene zu setzen. Eine Belichtung auf die Lichter sorgt dabei für eine ...
... gezielte Unterbelichtung der Tiefen und einen tendenziell dunklen Bildeindruck. Schatten erscheinen dabei aber nicht zwangsläufig völlig schwarz, sondern vermitteln mit einem Rest von Tiefenzeichnung einen Eindruck von Räumlichkeit. Das Licht selbst dient der Modellierung des Motivs. Seitenlicht ist dabei besonders effektiv, da es sowohl starke Schatten als auch Plastizität erzeugt. Streiflicht betont Strukturen und hebt die Qualität von Oberflächen hervor.
Rembrandt-Beleuchtung: Auf der lichtabgewandten Gesichtshälfte entsteht zwischen Augenbraue und den Schatten von Nase und Wangenknochen das typische Lichtdreieck.
Eine chiaroscuro-typische Beleuchtungsmethode in der Porträtfotografie ist das sogenannte „Rembrandt-Licht“, bei dem Licht auf eine Seite des Gesichtes fällt, während die andere Gesichtshälfte bis auf ein charakteristisches Lichtdreieck im Schatten bleibt. Aber auch in anderen Genres wie der Landschafts- und der Architekturfotografie kommt Chiaroscuro zum Einsatz. Hier kann eine geradezu mystische oder bedrohliche Atmosphäre entstehen, wenn Teile der Szenerie durch gezielte Lichtsetzung hervorgehoben werden, während der Rest kaum erkennbar dunkel bleibt.
Das Licht betont das Hauptmotiv. Die dunklen Bildpartien erzeugen mit ihrer Tiefenzeichnung einen Eindruck von Dreidimensionalität.
Chiaroscuro erfordert eine präzise Lichtführung und einen kontrollierten Umgang mit den Tonwerten, da ein Zulaufen der Tiefen ebenso vermieden werden soll wie ein Ausreißen der Lichter. Die Lichtquelle, sei es natürliches oder künstliches Licht, und ihre exakte Platzierung ist entscheidend für den Erfolg dieser Technik. Eine geeignete Methode der Postproduktion ist Dodge and Burn. Dabei wird eine partielle Nachbearbeitung vorgenommen, um bestimmte Bereiche des Fotos gezielt aufzuhellen oder abzudunkeln. Insbesondere Raw-Dateien mit ihrem großen Spektrum von Tonwerten bieten oftmals Potential für eine nachträgliche Einarbeitung von Chiaroscuro-Effekten.
Seitenlicht hebt die Plastizität hervor, Streiflicht macht die Oberflächenqualität sichtbar.
Chiaroscuro erzeugt nicht nur visuelle Spannung, sondern kann auch eine starke psychologische Wirkung vermitteln. Oftmals verleiht Chiaroscuro den Motiven eine geheimnisvolle, dramatische Aura. Der Kontrast zwischen Licht und Dunkelheit ruft Emotionen hervor und stand schon bei den Meistern der Renaissance symbolisch für gegensätzliche Themen wie Gut und Böse oder Leben und Tod. Im Film Noir der 1940er und 1950er Jahre ist dieses Gestaltungsmittel verwendet, um düstere und bedrohliche Stimmungen zu erzeugen. Harte Schatten und spärliche Lichtquellen verstärken die Spannung, vermitteln Emotionen und unterstützen die Filmhandlung unterschwellig mit visueller Dramatik.
Copyright 2024 by Klaus Schörner / www.bonnescape.de
Digital Artwork unter Verwendung von Midjourney, Lightroom und Photoshop
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B.Servicer (Montag, 30 September 2024 19:37)
Mal was ganz anderes.
Spannend und lehrreich.
Danke für die Anregung.
Gern mehr davon.
Klaus (admin) (Samstag, 05 Oktober 2024 22:18)
Freut mich, wenns gefällt. Danke fürs positive Feedback :-)
Hans-Jürgen (Montag, 07 Oktober 2024 11:32)
Kurz und verständlich auf den Punkt gebracht. Danke.